Watzlawick erzählt eine Geschichte. Beobachtung und Unterscheidung in der Wissenschaft.

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In einem Vortrag berichtet der berühmte Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick auf sehr amüsante Weise, was so alles passieren kann, wenn man einem naiven Verständnis von Erkenntnis auf dem Leim geht. Watzlawick berichtet, dass bei einem

„vermutlich eleganten Reitclub der Stadt Sao Paolo das Geländer der Terrasse erhöht werden musste. Denn es war schon mehrfach vorgekommen, dass Leute rücklings über dieses Geländer hinuntergefallen waren und sich schwer verletzt hatten. Jemand ging der Sache nach und entdeckte, was eigentlich der Verhaltensforschung seit langem bekannt ist, nämlich dass es in jeder Kultur eine richtige Entfernung gibt, die man stehend mit einer anderen Person einnimmt. In unseren Gegenden, in Westeuropa und so weiter, auch in Nordamerika ist diese richtige Distanz die sprichwörtliche Armeslänge. In den Mittelmeerländern und in Südamerika ist diese Distanz aber kürzer. Und nun stellen Sie sich bitte vor, was geschah, wenn ein Nordamerikaner und ein Brasilianer auf dieser Terrasse ins Gespräch kamen. Der Nordamerikaner nahm die Distanz ein, die die richtige ist. Der Südamerikaner fühlte sich viel zu weit weg, rückte auf, um die richtige Distanz herzustellen. Der Nordamerikaner ging zurück, um die richtige Distanz herzustellen – und es kam der Moment, wo er eben dann rücklings über das Geländer fiel. Wollte man den Fehler begehen, den man in meinem Fach eben leider immer noch begeht, das heißt, nur das Verhalten dieser einen Person zu untersuchen, dann käme man wohl eigentlich unweigerlich zu der Interpretation, dass es sich um einen Todestrieb handeln muss.“

Nachzuhören ist diese hübsche Geschichte unter dem folgenden Link https://www.youtube.com/watch?v=_J-8lrTW9Fc (ab Min 5:05).